HAGEBAU TROCKENBAU

BAU & RECHT Neue Regelung zur Hauptunternehmerhaftung beim Subunternehmereinsatz In der Bauwirtschaft erbringen Sub- unternehmer ca. 30 % aller Leistun- gen. Der Hauptunternehmer haftet für von ihm beauftragte Subunternehmer nicht nur gegenüber dem Auftragge- ber gemäß § 278 BGB für z.B. mangel- hafte Bauleistungen. Er haftet darüber hinaus wie ein selbstschuldnerischer Bürge gemäß § 28 e Absatz 3a SGB IV gegenüber den zuständigen Einzugsstellen für die Zahlung der So- zialversicherungsbeiträge durch den Subunternehmer. Einzugsstellen sind im Regelfall die Krankenkassen der Arbeit- nehmer; für die Unfallversicherungs- beiträge ist die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) zuständig. Die Bürgenhaftung des Hauptunter- nehmers umfasst auch die Beiträge zur Unfallversicherung und Urlaubskasse der Sozialkassen sowie die Zahlung der gesetzlichen Mindestentgelte und des Mindestlohns im Baugewerbe nach § 14 Arbeitnehmerentsendegesetz und dem Tarifvertrag zur Regelung der Min- destlöhne im Baugewerbe sowie wei- teren Tarifverträgen in verschiedenen Baunebengewerben, wenn ein vom Hauptunternehmer beauftragter Sub- unternehmer seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Die Haftung für den Mindestlohn und die Urlaubskassen- beiträge gilt für die gesamte Subunter- nehmerkette, wenn vom Subunterneh- mer noch ein weiterer Subunternehmer eingesetzt wird. Jeder Arbeitnehmer in der Subunternehmerkette bis zum Sub- Sub-Subunternehmer kann von jedem Auftraggeber der Kette die Differenz zwischen dem tatsächlich gezahlten Lohn und dem Mindestlohn verlangen. Mit der Hauptunternehmerhaftung soll der Möglichkeit von Subunternehmern entgegengewirkt werden, sich durch vorenthaltene Sozialversicherungsbei- träge, Dumpinglöhne oder das Un- terlaufen von Arbeitsschutzstandards Vorteile im Wettbewerb zu verschaffen. Die Haftung für den Gesamtsozialver- sicherungsbeitrag greift jedoch erst, wenn der Gesamtwert aller vom Haupt- unternehmer seinen Subunternehmern in Auftrag gegebenen Bauleistungen in Summe 275.000 E oder mehr erreicht. Es kommt also für die Hauptunterneh- merhaftung weder auf das Volumen des Hauptauftrags noch das Auftragsvolu- men zwischen ihm und einem beauf- tragten Subunternehmer an. Der Hauptunternehmer haftet gegen- über der Einzugsstelle nur bei Ver- schulden. Er muss jedoch nachweisen, dass ihn kein Verschulden trifft, wenn sein Nachunternehmer die Sozialversi- cherungsbeiträge nicht abführt. Dieser Nachweis ist erbracht, wenn der Haupt- unternehmer ohne eigenes Verschulden von einer ordnungsgemäßen Erfüllung der Beitragspflichten ausgehen konnte, weil er bei der Wahl des Nachunterneh- mers die Sorgfalt eines ordnungsge- mäßen Kaufmanns angewandt hat. Als Indizien hierfür sieht die Rechtspre- chung es an, wenn die Fachkunde, Zu- verlässigkeit und Leistungsfähigkeit der Subunternehmer mit einer Präqualifi- kation oder Unbedenklichkeitsbeschei- nigung der BG Bau dem Hauptunter- nehmer nachgewiesen wurden. Die Präqualifikation mit Eintrag im Präqualifikationsverzeichnis ist eine vorgelagerte, auftragsunabhängige Prü- fung der Eignungsnachweise entspre- chend der in § 6 VOB/A bzw. § 6 EU VOB/A definierten Anforderungen. Da- durch kann jedes an öffentlichen Auf- trägen interessierte Unternehmen künf- tig seine Eignung gegenüber den öf- fentlichen Auftraggebern zu erheblich reduzierten Kosten nachweisen. Nicht jedes Unternehmen ist im Präqua- lifikationsverzeichnis gelistet. Die BG Bau bestätigt aber mit der qualifizierten Unbedenklichkeitsbescheinigung, dass Unternehmer ihren Zahlungsverpflich- tungen nachgekommen sind. Lange war es umstritten, ob es für den Haftungs- ausschluss von Hauptunternehmen aus- reicht, wenn vor Auftragsvergabe und gelegentlich während der Bauausfüh- rung eine Unbedenklichkeitsbescheini- gung vorgelegt wurde. Diesen Streit hat der Gesetzgeber mit der Änderung des § 28 e Absatz 3f Satz 1 SGB IV, die seit dem 1.7.2020 in Kraft ist, geklärt. Nach der neuen Regelung sind Hauptunter- nehmer verpflichtet, sich für die ganze Zeit des Auftragsverhältnisses nahtlo- se Unbedenklichkeitsbescheinigungen von ihren Subunternehmern vorlegen zu lassen. Kommen die Hauptunterneh- mer dem nicht nach, erfüllen sie nicht die Anforderungen an die Sorgfalt eines ordnungsgemäßen Kaufmanns mit der Folge, dass sie für Beitragsrückstän- de ihrer Nachunternehmer gegenüber der Einzugsstelle aufkommen müssen. Außerdem hat der Gesetzgeber mit den Änderungen klargestellt, dass die Haf- tung für Unfallversicherungsbeiträge parallel zur Haftung für den Gesamt- sozialversicherungsbeitrag geregelt ist. Das Haftungsrisiko kann der Haupt- unternehmer durch Regelungen im Vertrag mit seinen Subunternehmern abmildern, zum Beispiel durch: • Einbehalt eines Anteils aus der Netto- auftragssumme des Unternehmers zur Sicherung von Haftungsansprüchen durch die Einzugsstellen • Erweiterung der Erfüllung und Ge- währleistung Sicherheit umdie Haupt- unternehmers Haftung • Ermächtigung des Subunternehmers zur Einholung von Auskünften durch den Hauptunternehmer bei den Ein- zugsstellen • Vertragsstrafe bei einem schuldhaften Verstoß der nicht erfolgten Abführung der Sozialversicherungsbeiträge Die genannten Regelungen müssen im Vertrag zwischen Haupt- und Subunter- nehmer ausdrücklich vereinbart sein. Unser Experte Prof. Thomas Karczewski Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Rembert Rechtsanwälte rembert-rechtsanwaelte.de IMPRESSUM: Herausgeber: hagebau Handelsgesellschaft für Baustoffe mbH & Co. KG, Celler Straße 47, 29614 Soltau. Verantwortlicher Redakteur und verantwortlich für Anzeigen: Vera Euhus, Tel. 05191 802-0, trockenbau@hagebau.com . Redaktion: SCHAU VERLAG GmbH, Hochallee 77, 20149 Hamburg, Tel.: 040 328727-0. Realisation: abeler bollmann werbeagentur GmbH, Hofaue 39, 42103 Wuppertal, Tel.: 0202 299684-0. Druck: Gutenberg Beuys Feindruckerei GmbH, Hans-Böckler-Straße 52, 30851 Langenhagen, Tel.: 0511 8741516-0. Alle Angaben ohne Gewähr. Abweichungen/ Änderungen der Produkte durch die Lieferanten vorbehalten. © hagebau. Foto: Prof. Thomas Karczewski 15 TROCKENBAU aktuell Winter 2020

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